News - Die Kunst zu sterben

Impuls Monatsanzeiger November

Wie wollen Sie eigentlich im Sarg liegen?

Foto: Ⓒ SJ-Bild/Adrian Kunert SJ

Eine irritierende Frage, man zuckt unwillkürlich etwas zusammen: „Wie wollen Sie eigentlich im Sarg liegen?“ Vielleicht denken manche dabei an den Film „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ mit Hugh Grant. Oder an die Comedyserie „Mr. Bean“. Als ich das Foto dazu sah, auf dem Programmflyer einer Akademie, dachte ich: eine brutale Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit!

Endlichkeit heißt Sterblichkeit: Mein Leben ist begrenzt. Das wissen wir, theoretisch. Praktisch verdrängen wir es oft. Erst mit meiner Krebsdiagnose im September 2017 und dem damit verbundenen Schock ist mir das selbst bewusst geworden. Endlichkeit bleibt der Kontrapunkt zu den Selfies des prallen Lebens: zur (Sehn-)Sucht nach einer Existenz in Gesundheit und Wohlergehen, schmerzfrei natürlich. Die Realität zeigt: Das Leben ist ein Sterben auf Raten. Dafür sorgen allein schon Krankheiten und Schicksalsschläge. Von einer Minute auf die andere kann alles aus sein.

„Gut sterben – wie geht das?“ Gespräche über Todeserfahrungen, über ein Leben nach dem Tod, werden oft vermieden. Inzwischen gibt es Gesellschaften, die den assistierten Suizid anbieten. Sie haben prominente Befürworter. Die Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit hat aber auch das Potential, die Angst in Mut zu verwandeln. Im Mittelalter sprach man von der „ars moriendi“. Das Christentum hat die „Kunst zu sterben“ kultiviert.

Christen dürfen hoffen, ja darauf vertrauen: Da kommt noch was! Diese Perspektive haben wir uns nicht selbst ausgedacht. Sie ist uns von Jesus zugesprochen – und zugemutet. Mir hat das geholfen, seinerzeit und seither. Ist das nicht mehr als einen kurzen Gedanken wert, nicht nur an trüben Novembertagen? Ersatzbefriedigungen, um ihn zu verdrängen, gibt es zuhauf: die Flucht ins „all inclusive-Leben“. Diesseitsfixierte Menschen wirken oft gestresst. Die echt gemeinte Einübung in die „Kunst zu sterben“ ändert das Leben. Weil es bewusster gelebt wird. Täglich einzuüben ist das – ein Leben lang!

P. Andreas Batlogg SJ

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