News - Erstkommunion 2024

Christus anziehen

Bei der Erstkommunion darf es nie um reine Äußerlichkeiten gehen, meint Pater Martin Stark SJ, Kirchenrektor von St. Michael in München. Vielmehr sollten junge Menschen erfahren, was die Botschaft Jesu mit ihrem Leben zu tun hat. Dies müsse sich in einem entsprechenden „Gewand“ ausdrücken.

In der Regel meinen wir schnell beantworten zu können, was einen Christen ausmachen sollte: Ein Christ muss an Gott glauben, sich zu Jesus als Gottes Sohn bekennen, regelmäßig beten, am Sonntag in die Kirche gehen, den Nächsten lieben – und wir könnten sicher noch manches anfügen. Natürlich stimmt das. Aber ist damit wirklich schon alles ausgedrückt?

Beim Christsein steckt mehr dahinter, als ein bestimmtes Bekenntnis abzulegen und bestimmte Lebensregeln einzuhalten. Für dieses Mehr haben Christen aller Zeiten nach richtigen Worten und passenden Bildern gesucht. Ein besonders treffendes Bild benutzt Paulus im Brief an die Galater: „Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.“ Das Christsein ist nicht bloß Verkleidung, sondern wie das weiße Taufgewand das äußere Zeichen der neuen Würde, das Neugetaufte bei der Taufe überreicht bekommen.

Was man anzieht, ist den wenigsten von uns egal. Meine Kleidung wärmt mich nicht nur und ist auch nicht nur Schutz und Bedeckung des eigenen Körpers. Sondern was ich trage, sagt in der Regel ganz viel über mich aus. Besonders an den wichtigen Tagen des Lebens ist das äußere Bild, das ich abgebe, auch Ausdruck meines Innersten.

Daran musste ich denken, als wir neulich in der Kommunionvorbereitung lange über die Frage der Gewänder gesprochen und darum gerungen haben, welches die „richtige“ Kleidung ist und ob ein individuelles Festgewand oder eine einheitliche Albe besser dafür angebracht ist. Letztlich ist es doch entscheidend, dass die Familien und vor allem die Kinder selbst entscheiden, was sie schöner oder stimmiger finden und was sie an diesem besonderen Tag anziehen wollen. Und da kann sowohl eine festliche als auch eine schlichte Kleidung ein richtiger Ausdruck dafür sein, dass wir Christus „angezogen“ haben und seine Weise, zu sein und zu leben, teilen wollen.

Ich darf Kind Gottes sein so wie er, der er der Sohn Gottes ist und für den alles, was er sagte und tat, untrennbar mit Gott verbunden ist. Die neue Würde der Gotteskindschaft ist mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis oder das Einhalten von Regeln und Vorschriften und soll meine ganze Persönlichkeit und alle Teile meines alltäglichen Lebens umfassen.

Nie darf es bei der Erstkommunion um reine Äußerlichkeiten gehen, sondern dass junge Menschen einen eigenen Zugang zum Glauben bekommen und erfahren, was die Botschaft von Jesus mit ihrem Leben zu tun hat. Und doch muss sich dies in einem entsprechenden Äußeren und in einem „Gewand“ ausdrücken.

Die Vielfalt ist ein wunderbarer Ausdruck einer vielgestaltigen und lebendigen Gemeinde. Und doch sind die Unterschiede nicht bestimmend. Wenn wir das Christus-Gewand anlegen, gibt es „nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich, denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“.

P. Martin Stark SJ

Der Text ist erschienen in der Ausgabe 23.06.2024  / Nr. 19 von [inne]halten - dem Magazin für Gesellschaft, gutes Leben und Spiritualität.