News - Keiner darf verloren gehen
Geistlicher Impuls Juli 2025

Keiner darf verloren gehen

In letzter Zeit passiert es mir oft, dass ich mein Handy irgendwo liegen lasse. Und ich muss dann auf die Suche gehen und die Orte, wo ich war, noch einmal abgehen. In der Regel ist es schnell wieder gefunden, aber am meisten ärgere ich mich über mich selbst, dass mir eine solche Unachtsamkeit passieren kann.

Die Geschichten vom Verlorenen, das nach intensiver Suchaktion wieder gefunden wird, berühren mich. Mein Leben ist so, dass immer mal wieder etwas verloren geht. Manchmal unwiderruflich. Die Kappe oder der Regenschirm sind noch am ehesten zu verschmerzen. Schwieriger ist, wenn sich die Festplatte auf dem PC mit all den Daten verabschiedet. Am schlimmsten ist es jedoch, Menschen zu verlieren.

In den Gleichnissen Jesu werden das Schaf, die Drachme und der Sohn am Ende wiedergefunden. Zachäus muss vom Baum steigen, damit Jesus bei ihm bleiben kann. Dann ist die Freude riesengroß. Gott ist ein Suchender, dem das Verlorene am Herzen liegt. Einer, der niemals aufgibt und solange sucht, bis er findet.

Meine Geduld erlebe ich da oftmals sehr viel begrenzter. Wenn es so richtig anstrengend wird, dann überlege ich unweigerlich, ob sich das Suchen tatsächlich noch lohnt. Verluste sind doch im Leben nie ganz zu vermeiden. Wieviel bin ich bereit, in jemand anderen zu investieren? Und ab wann gebe ich eine Beziehung „verloren“?

Gottes Suchaktionen sind anders. Bei ihm darf keiner verloren gehen. Jeder und jede wird gebraucht. „Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ (Lk 19,10)

Ich muss mich nicht verausgaben oder überfordern. Aber in meiner Ungeduld kann mir Gottes Geduld Gelassenheit und Ausdauer geben, dennoch nicht aufzugeben und einen Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Anderen, Andersdenkenden mit offenen Armen zu begegnen, niemanden einfach so abzuschreiben. Den liebevollen Blick, der nicht zuerst auf Fehler und Versagen schaut, zu suchen und bewahren. Und wo alles aussichtslos und vergeblich scheint, kann ich es immer noch, wie Jesus empfiehlt, beten. Denn Gott sucht und findet das Verlorene.

P. Martin Stark SJ
Kirchenrektor