Giambologna-Kreuz
Seit 2016 steht zentral vor dem Volksaltar das Kreuz des flämisch-italienischen Künstlers Giambologna, wo es bis 1819 über 200 Jahre lang stand. St. Michael hat eine klare Mittelachse: vom kindlichen Pantokrator unter der Empore bis zum wiederkommenden Weltenherrn an der Spitze des Hochaltars. Die Achse zeichnet den Lebens- und Leidensweg Jesu nach; und der führt über das Kreuz in die Herrlichkeit. Das Kreuz, das heute wieder zwischen den Seitenaltären und damit zwischen dem Opfer des Alten und dem des Neuen Bundes steht, zentriert damit den Kirchenraum.
Die einzigartige Bronzeskulptur ist nach dem Schönheitsideal der Renaissance gestaltet. Hände und Füße sind ans Kreuz genagelt, doch der Leib wird unverletzt und makellos schön gezeigt. Das ist gläubige Schau einer inneren Wirklichkeit: Im Paradox des real Gemarterten zeigt sich die alles verwandelnde Liebe Gottes. Dieser Leib ist Vor-schein der "Auferstehung des Fleisches". Er bekundet: In jeder Eucharistie versammelt der Auferstandene die Seinen im Mahl. Die Gemeinde feiert die Gegenwart ihres Herrn. Der führt zur Einheit, stärkt den Glauben und schenkt Zukunft über den Tod hinaus.
Zu Füßen des Kreuzes kniet Maria von Magdala. Die Skulptur hat Giambolognas deutscher Meisterschüler Hans Reichle geschaffen. Sie ist Sinnbild der gläubigen, erlösungsbedürftigen Seele. Ihr flehentlich-schmerzerfüllter Blick sucht das Antlitz Jesu. Christlicher Glaube lebt von der innigen Verbundenheit mit Christus. Die Exerzitien des heiligen Ignatius wollen zu nichts anderem führen. Die Architektur von St. Michael, alle Kunst in unserer Kirche ist durchformt von diesem Geist.
Das Zueinander der beiden Bronzefiguren in der Mitte der Kirche stellt das Grundgeheimnis christlichen Glaubens dar: das Geheimnis der Erlösung jedes Menschen durch Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Das macht den imposanten Renaissancebau von St. Michael zu einer Kirche, wörtlich, zu "einer, die dem Herrn gehört".
Bildergalerie
Fotos: Anton Brandl
Architektur
St. Michael ist der erste und größte Renaissancebau nördlich der Alpen und prägte für zwei Jahrhunderte den Kirchenbau in Süddeutschland. Münchens Straßen und Gassen waren eng wie in allen mittelalterlichen Städten. Da war kein Platz, um große Fassaden zu bewundern. St. Michael erhielt als Erste ein große Schauwand, Fassade genannt (italien. faccia, Gesicht). Die Kirche wurde nicht mehr geostet, obwohl das in den ersten Plänen vorgesehen war. Der gesamte Bau sollte in die Stadtarchitektur eingepasst werden.