Wir beginnen ein neues Jahr. Und obwohl dieser Anfang nur in unserem Kalender steht, wird er von vielen Menschen „ge-hörig“ gefeiert. Und was dann?!

In unserem Leben haben wir schon oft angefangen: bereits vor der Geburt bei unserem Entstehen, dann als wir in diese Welt hineingeboren wurden; am Beginn des Kindergartens und der Schule; später bei der Berufsentscheidung, bei der Hochzeit, einer Ordensprofess oder Priesterweihe. Jedes Mal, wenn mir mein Provinzial eine neue Aufgabe übertragen hat – mit neuen Aufgaben, in einer neuen Umgebung, unter zunächst fremden Menschen und in anderen Verhältnissen -, musste ich neu anfangen, mich neu einlassen, zuletzt vor vier Monaten hier in St. Michael.

Vor Jahren bekam ich ein Buch in die Hand mit dem Titel „Anfänger-Geist“, geschrieben von einem buddhistischen Mönch. Er zeigte, wie wichtig es auf dem geistlichen Weg ist, den Anfänger-Geist zu bewahren, sich bleibend als Anfänger zu verstehen, in der Meditation, in der Lebensweise.  Wer mit dem vermeintlich Erreichten zufrieden ist und sich selbstbewusst im Leben einrichtet, ist schon vom Weg abgekommen.

Im geistlichen Leben, in der Nachfolge Jesu, bleiben wir Anfänger. Das schreibt übrigens auch Karl Rahner SJ. Immer wieder neu bemühen wir uns, uns dem Göttlichen Geheimnis in Jesus anzunähern; wir werden müde, biegen fallweise vom Weg ab oder bleiben stehen, fallen hin – um wieder aufzustehen und von Neuem anzufangen.

In unseren Beziehungen ist es ähnlich. Wir bleiben uns gegenseitig auch als Freunde oder Partner ein großes Geheimnis. Immer wieder neu nähern wir uns anderen an, lernen neue Seiten kennen, werden von bisher Unbekanntem positiv oder negativ überrascht, werden aus den Bildern, die wir voneinander haben, herausgerissen. Solange wir bereit sind, neu anzufangen, ist die Beziehung lebendig. Sie ist tot, wenn wir stehen bleiben und wissen, wie die anderen sind.

Immer wieder neu anfangen, herausgehen aus den alten Mustern und Bildern, unterwegs bleiben: „Herr, lenke unsere Schritte auf dem Weg des Friedens!“

P. Michael Meßner SJ