News - Gedanken zum Evangelium des Sonntags

Taufe des Herrn

"Taufe Christi" (Ausschnitt) von Jacopo Tintoretto (1519‐1594) in der Kirche San Pietro Martire, Murano, Venedig (Creative Commons).


Sterben, um zu leben

Der Jordan ist nicht nur ein Fluss in abschnittsweise wüstenähnlicher Umgebung, er ist auch ein Bild für die fließende Zeit. Wir sprechen vom Strom der Geschichte, sagen: „im Fluss der Ereignisse“ usw. Jesus steigt mit uns Menschen in diesen Strom und damit wird die Zeit gesegnet von seiner Anwesenheit. Er ist der eigentliche Segen der Geschichte. Er ist das Sakrament der Liebe, das uns der Vater gibt in unsere Zeit, um unsere oft so unheilen Geschichten zu heilen und zu wenden. Wir müssen aus manchem umkehren, Er nicht. Er wird nicht getauft zur Vergebung seiner Sünden. Er ist die Vergebung der Sünden. Er steigt in das Wasser, das uns symbolisch von unseren Sünden lösen soll, tatsächlich aber durch die Zeit, die wir mit ihm gestalten. In unserer Taufe, in der Firmung, in jeder Tauferneuerung, schon im Hören auf das Evangelium wird dieser Impuls aufgenommen, unser Leben mit seinem zu verbinden, unsere Geschichte mit seiner. Das löst uns von Schuld.

Seine Taufe ist insofern identisch mit unserer, weil er nicht für die eigenen Sünden im Wasser untertaucht. Ähnlich aber ist sie im Hinblick auf die andere Bewegung, das Auftauchen aus dem Wasser zum Vater hin. Diese Hinkehr zum Vater bestimmt das Leben Jesu und soll das der Getauften bestimmen. Immer wieder wird Jesus aus erschöpfendem Einsatz in das Gebet einkehren und sich mit der Kraft und dem Willen des Vaters vereinen. Hieraus erwächst die eigentliche Geschichte seines Lebens bis zu jenem Beten am Ölberg und dem Psalm am Kreuz, auf den der Vater in unvorstellbarer Weise antwortet. Sein ganzes Leben ist diese aus dem Gebet kommende Taufe aus Geist und Feuer (vgl. Lk 12,50; Mk 3,16; Mk 10.38), anders: aus Liebe bis zuletzt. Die stellen wir uns aber unvollständig vor, wenn wir nur an das denken, was der Sohn tut. Denn der Sohn tut nichts ohne den Vater. Zu dieser Taufe Jesu zählt also der offene Himmel und die Stimme Gottes, zu jener Taufe am Kreuz die Auferweckung des Sohnes.

Und wir? Wir empfangen als Kinder schon jene Taufe, die unsere Geschichte wendet. Wir sind nicht nur Kinder Gottes im Sinne seiner Geschöpfe. Die Taufe ist mehr als die feierliche Erklärung unserer Abstammung aus Gottes Schöpferkraft. Wir werden leben, um zu sterben – und, das meint die Taufe: sterben, um zu leben. Wir sind Kinder und Erben im Sinne jener Auferweckung im Tod, wenn wir unser Leben mit seiner Geschichte verbinden. Die Taufe ist ein Bund. Das ist der letzte Sinn der Taufe und Firmung: Er wird ein Teil unserer Geschichte und er nimmt uns hinein in seine Geschichte. Das ist der große Segen des Lebens der Kinder Gottes.

Thomas Hürten
Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael

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Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 9. Januar 2022 / Nr. 2.

Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
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