Kirche und Macht
Von Thomas Hürten, Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael
Nicht erst das Buch „Heillose Macht“ hat die Frage aufgeworfen, um welche Art von Macht es in der Kirche geht. Das Thema begleitet die Kirche immer schon. Elisabeth von Thüringen verzichtet auf die Insignien der Macht und ist doch nur eine von vielen. Bis heute wird sie genau dafür geehrt.
Der Königstitel Christi ist vor allem von der Unähnlichkeit zu der Macht und Gewalt geprägt, die diese Welt bestimmen. Der Schächer erkennt im Unterschied zu der Gewalt, die er selbst ausgeübt hat, ihn als den Gerechten. In seiner Gerechtigkeit also liegt seine Macht, und welche! Still und stark wie ein Geheimnis! Auf den Moment wartend, wo sie offenbar wird, weil sie dem Heillosen Anteil an dem Los derer verspricht, die im Licht sind! Er kann das Paradies versprechen. Nur er, weil er im Machtverzicht lebt und lieber selber stirbt als sterben lässt. Das unterscheidet im Übrigen noch einmal Christus von den Paradiesversprechen unter gewaltbereiten Islamisten. Und wo steht da Kyrill, der Moskauer Patriarch?
Perspektiven umkehren
Wir verstehen das Christentum als Nachfolge Jesu. Auch in die Ohnmacht? Oder setzt da die Angst ein und der Verstand aus? Wie viel Machtverzicht wollen sich die leisten, die in der Kirche Verantwortung tragen? Ist und dieser Machtverzicht bei Christus so seltsam? Ist es nicht eher seltsam, wie selbstverständlich das Machtgebaren bei den Mächtigen ist? Perspektiven umkehren!
Vertrauen gewinnen
Macht heißt für Christen, Anteil zu haben am Los der Heiligen. Diese Macht ist Befähigung zum Loslassen in dasselbe Geschick Christi hinein. Geteiltes los! Es bedeutet, der Macht der Finsternis entrissen zu sein und im Licht zu leben. Dann darf man aber nicht im Dunkeln mauscheln oder wirken wollen. Wir retten die Kirche nicht durch Schweigen, Mauern, Verdunkeln, sondern durch offenes Reden, noch um den Preis der Verspottung, durch offenes Handeln, auch um den Preis der Angst. Wir machen uns nicht selbstgerecht, sondern wir müssen begreifen, dass es darum geht, von außen als solche erkannt zu werden. Ob Gott in uns wohnt, ob er in seiner Kirche wohnt, werden wir nicht selbst feststellen. Es geht nicht um Selbstbehauptung, da muss ein Urteil her, das von außen kommt. Vertrauen wird geschenkt. Du kannst es nicht fordern. Wenn du, Kirche, es selbst zerstörst, dann musst du warten, dass man es dir erneut schenkt. Auch das gehört zur Ohnmacht. Die Kirche von Morgen wird durch Vertrauen wachsen. Sie muss in diesem Sinn gewählt werden.
Mitleiden
Dieser Schächer schenkt sein ganzes Vertrauen dem vermeintlichen Verbrecher. Er ist in der Lage, den Gerechten zu erkennen, der mit ihm leidet. Kirche kann auch darin das Los Jesu Christi nicht überspringen.
Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 20. November 2022 / Nr. 47.
25.11.2022 - Christkönigsfest, 34. Sonntag im Jahreskreis (C)
1. Lesung: 2 Sam 5, 1–3 ("Sie salbten David zum König von Israel.")
Antwortpsalm Ps 122 (121), 1–3.4–5 (Kv: 1b) ("Zum Haus des Herrn wollen wir gehen")
2. Lesung: Kol 1, 12–20 ("Er hat uns aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes.")
Evangelium: Lk 23, 35b–43 ("Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.")
Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
THuerten(at)eomuc.de
Foto: MKZ