News - Gedanken zu den Schrifttexten des Sonntags - Das Ewige wächst in uns

Das Ewige wächst in uns


Von Thomas Hürten, Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael


Dass uns Vergangenes und Gegenwärtiges bestimmen, positiv wie negativ, scheint klar. Aber kann uns Zukünftiges bestimmen, das wir noch nicht kennen? Sicher in der Form der Angst vor Unbekanntem. Aber kann es uns positiv bestimmen?

Der Advent richtet uns in seinen Texten genau darauf aus. Lebe auf Zukunft hin. Lass dich auf sie hin los. Sie hat einen Namen: Gott. Wir wissen, was kommt, in diesem Sinn: Wir glauben ihm, dass er kommt. Das heißt auch, dass sein Reich kommt, seine Gerechtigkeit, sein  Friede. Lassen wir uns also so von dieser Zukunft bestimmen, dann muss das Leben nicht in Panik ausgekostet werden bis zum bitteren Ende. Dann muss man der Zeit nicht nachjagen. Sie kommt ja entgegen als Gottes Zeit. Sie ist dann überhaupt das große Entgegenkommen Gottes. Mitten in unsere Jahreszeit hinein, die uns manches Ende ankündigt und das eines weiteren Jahres bringt, und deren Dunkelheit nicht für alle einfach zu ertragen ist, ist mit dem Beginn des neuen Kirchenjahres am ersten Advent und dem Weihnachtsfest eine andere Zeitansage gemacht: Da ist Gottes Zeit, Zeit, in der er sich unser annimmt.

Unserer Lebenszeit schlägt eine andere Stunde als die des einmal sicheren Todes: „Leise und sanft, so leise, dass man es überhören kann, hat er die Welt und ihre Zeit schon an sein Herz genommen, ja sein eigenes unbegreifliches Leben eingesenkt in diese Zeit (wir nennen es seine Ewigkeit …)“ So hat Karl Rahner das einmal gesagt und vom „Abfallen der Angst vor der zerrinnenden Zeit“ gesprochen, „weil an ihr Großes getan hat, der da mächtiger ist als die Zeit, die er geschaffen hat, um sie zu erlösen in seine Ewigkeit hinein. Ein Jetzt der Ewigkeit ist in dir (…), das hat schon begonnen, deine irdischen Augenblicke in sich hineinzusammeln.“ Wer sammelt hier wen? Rahner ist da genau: Es ist die Ewigkeit, die sammelt. Sie ist größer, beständiger, bleibender und wichtiger als das Augenblickliche. Wir ordnen es meistens genau umgekehrt.

Der Zauber des Advents

Der Advent hat einen eigenen Zauber, wenn wir ihn als Gottes Zeit betrachten, in der durch seine Gegenwart in uns kleine und große Dinge geschehen können, wenn wir Güte und Aufmerksamkeit erscheinen lassen. Das meint Wachsamkeit, was mehr ist als Warten. Gerechtigkeit und Güte gehören nämlich in seine Zeit und damit der Ewigkeit, die nicht anders gedacht werden muss als seine währende und immer voller kommende Gegenwart. Unsere Lebenszeit läuft uns davon, gewiss. Aber er kommt uns entgegen. Im Advent,  kommt mir vor, ist sein Leben und unseres weniger voneinander geschieden. Ein ganz besonderer Segen liegt auf dieser Zeit: Das Ewige wächst in uns.

10. Dezember 2023 - 2. Adventssonntag

1. Lesung: Jes 40,1–5.9–11 („Bahnt für den HERRN einen Weg!.“)
Antwortpsalm: Ps 85,9–10.11–12.13–14 (Kv: „Lass uns schauen, o Herr, deine Huld und schenke uns dein Heil!“)
2. Lesung: 2 Petr 3,8–14 („Wir erwarten einen neuen Himmel und eine neue Erde.“)
Evangelium: Mk 1,1–8 („Bereitet den Weg des Herrn!“)
 


Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
THuerten(at)eomuc.de

Foto: MKZ


Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 10. Dezember 2023 / Nr. 50.