News - Gedanken zu den Schrifttexten des Sonntags - Das Gute wachsen lassen

Das Gute wachsen lassen


Von Thomas Hürten, Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael


Jesu Gleichnisse sind ein Teil seiner Predigten. Seine Predigten sind ein Teil seiner Taten. Seine Taten sind ein Teil seines Lebens für uns Menschen.

Nie steht ein Wort ohne das alles durchziehende „für uns und unser Heil“. Auch diese sind für uns – als Mahnung, rechtzeitig, bevor es zu spät ist. Denn das Böse – stört es, dass er es so deutlich anspricht? – ist eine Macht dieser Welt. Aber Vorsicht! Die Identifizierung des Bösen mit konkreten Personen kann leicht in Wahnhafte abgleiten, gerade wenn es totalgeschieht wie in der mit der Bildrede einhergehenden Vereinfachung.

Was das Bild darf, braucht in der Wirklichkeit Unterscheidung. Darum geht es hier. Das Böse gewinnt nämlich auf zweierlei Weise: Indem man es gare nicht sehen will – darum spricht Jesus es so deutlich an – und indem man es überall sehen will. Denen nun, die allzu bereit sind, das Böse zu identifizieren und sich an seine Ausrottung zu machen, muss man mit dem Evangelium entgegenhalten: Diese Aufgabe haben in der Deutung des Gleichnisses die Engel. Unser Part ist es, auszuhalten, dass bis zur Zeit der Ernte Gutes und Böses gemeinsam wachsen. Gott hält es auch aus. Seine Stärke erweist sich in Milde (Weish 12,18). Schonung ist sein Wesenszug, weil er Umkehr will, so die Lesung des Alten Testamentes. Seine Gerechtigkeit ist menschenfreundlich (V. 19). Die Schonung hat einen vernünftigen Grund: Die Bekämpfung des bösen Unkrautes gefährdet das Wachstum des guten Weizens.

Keine Angst vor Unkraut

Wie kann man sich das vorstellen? Vielleich so: Sage ich einem Menschen, dass er in keinem Fall etwas Böses tun darf und dass er es von Anfang an in sich zu bekämpfen hat, fixiere ich seine Aufmerksamkeit darauf. Der Sinn christlicher Existenzbesteht aber mehr darin, Gutes hervorzubringen als nie etwas Böses getan zu haben. Die Angst vor „Unkraut“ (nie etwas Böses tun) kann zu giftigen und gewaltsamen Mitteln greifen lassen, die die Kreativität des Guten bremsen. So kommt zwar Unschuld heraus, nicht aber unbedingt Liebe. Und manchmal, so schrecklich das klingt, kommt nur Perversion heraus. Manche glauben in bester Absicht, dass man so etwas wie Reinheit auf solche Weise bei Menschen erreichen kann. Mag sein, aber um den Preis schwächlicher Ausstrahlung. Im Ziel aber geht es um ein Leuchten (V. 43) des gerechten Menschen. Zuversicht! Was nützte es, nie etwas Böses getan zu haben, aber Gutes unterlassen zu haben aus lauter Angst vor möglichem Bösen? Er will uns wachsen sehen zu der Frucht, zu der wir fähig sind. Das ist das tragende Bild dieser Gleichnisse. Lasst das Gute wachsen! Sorgt euch nicht so sehr um das Unkraut. Wachst!

Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 23. Juli 2023 / Nr. 30.

23. Juli 2023 - 16. Sonntag im Jahreskreis (A)

1. Lesung: Weish 12, 13.16–19 - Du hast deinen Söhnen und Töchtern die Hoffnung geschenkt, dass du den Sündern die Umkehr gewährst
Antwortpsalm: Ps 86 (85), 5–6.9–10.15–16 - Du, mein Herr, bist gut und bereit zu vergeben..
2. Lesung: Röm 8, 26–27 - Der Geist selber tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern
Evangelium: Mt 13, 24–43 - Lasst beides wachsen bis zur Ernte!

Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
THuerten(at)eomuc.de

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