News - Gedanken zu den Schrifttexten des Sonntags - Ihr seid das Licht der Welt

"Ihr seid das Licht der Welt"

Von Thomas Hürten, Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael


5. Februar 2023 - 5. Sonntag im Jahreskreis (A)

1. Lesung: Jes 58, 7–10 ("Wenn du den Gebeugten satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf.")
Antwortpsalm Ps 112 (111), 4–5.6–7.8–9 ("Im Finstern erstrahlt der Gerechte als Licht.")
2. Lesung: 1 Kor 2, 1–5 ("Ich habe euch das Geheimnis Gottes verkündet: Jesus Christus, den Gekreuzigten.")
Evangelium: Mt 5, 13–16 ("Euer Licht soll vor den Menschen leuchten.")


Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 5. Februar 2023 / Nr. 6.

Die erste Lesung lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Wer sein Brot bricht, verbreitet Licht. Die hier genannten Werke sind zugeschnitten auf das, was jeder tun kann. Wenn es jeder machte, wäre auch für alle gesorgt. Ein Leben lang ruht die Frage nicht, wie viel wir geben müssen, wer unser Nächster ist und was sein Unglück uns angeht. Es gibt die Versuchung, der Frage auszuweichen, und es gibt überfordernde Antworten. Dem Einzelnen darf nicht aufgebürdet werden, was die Gemeinde nur insgesamt tun kann, der Gemeinde nicht, was die Kirche(n) insgesamt nur tun können. Niemand kann die ganze Welt retten. Aber als Ausflucht taugt diese Unterscheidung nicht. Ich bleibe gefragt.

Was geschieht eigentlich mit uns, wenn wir Gutes tun? Die Lesung sagt in Vers 8: „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie das Morgenrot und deine Heilung wird schnell gedeihen.“ Das ist ein doppelter Gedanke. Zunächst: In uns ist Licht. Es bricht hervor, wenn wir Gutes tun. Im Evangelium heißt es: „Ihr seid das Licht der Welt." Dann: Wir brauchen selbst Hilfe. Das Gute, das wir tun, wirkt heilsam auf uns zurück. Bewahrt es uns etwa vor dem Kreisen um uns selbst?

Besser als jede Diät

Ein Mann erzählte, dass er sich in der Fastenzeit bestimmte Dinge vom Munde abspare und Hungernden zugute kommen lasse. Alle Diäten, die er zuvor machte, hatten keinen Erfolg. Als er sich aber mit der Situation der Hungernden gefühlsmäßig befasste, fand er sein Übergewicht absurd. Im Licht dieser Einsicht fand er seine Form wieder, indem er von seinem Überfluss gab. ,,Brich dem Hungrigen dein Brot." (Vers 7).

Mit innerem Widerstand ist auf solchen Wegen aber zu rechnen, etwa so: Wir haben Angst vor dem Verlust unserer Identität, wenn sie im Hell-dunkel-Wechsel besteht, in Licht- und Schattenseiten festgelegt, wir wollen keine Heiligen sein (schon gar keine komischen). Außerdem: Ist dieses Leuchten vor den Menschen (Mt 5,16) nicht in der Gefahr, eitel zu werden, angeberisch, sebstdarstellend?

Ja, ist es. Doch will Jesus einer anderen Gefahr begegnen, nämlich der, dass du nicht sein willst, was du sein kannst, weil du Angst hast vor dem Licht in dir. "Wir sind geboren, um den Glanz Gottes zu offenbaren, der in uns ist. Gottes Glanz ist in jedem Menschen. Wenn wir unser eigenes Licht leuchten lassen, geben wir den anderen ebenfalls die Erlaubnis, ihr Licht scheinen zu lassen," heißt es in einem Text von Marianne Williamson. Es geht Jesus nicht um Selbstanstrahlung. Aber Ausstrahlung ist wichtig. Sag ja zum Licht in dir. Augustinus hat es in seinen Bekenntnissen so formuliert: „So lauft denn nach allen Seiten auseinander, heilige Feuer, edle Feuer! Ihr nämlich seid das Licht der Welt!“

Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
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Foto: MKZ