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Neue Lieder singen!

Glaube im Alltag erlebt von Pater Martin Stark SJ, Kirchenrektor von St. Michael, München

Seitdem ich in St. Michael bin, habe ich vermutlich so viel gesungen wie lange nicht mehr. Nicht nur, weil die Kirchenmusik bei uns ein besonderer Schwerpunkt ist. Sondern um es mit einem berühmten Paderborner, Friedrich Graf von Spee, zu sagen: Das Singen, besonders im Gottesdienst, reißt den Himmel auf. Das gemeinsame Singen verbindet uns mit Gott und untereinander!

Denn wer singen will, muss notwendigerweise atmen. Und Atem ist Leben. Wer also singt, spürt die Lebendigkeit. Außerdem braucht der eine den anderen, um gemeinsam zu atmen, sich gegenseitig zu hören, die Resonanzen und Harmonien zu spüren und miteinander in „Ein-Klang“ zu kommen. Wer schon einmal zusammen mit anderen „aus voller Kehle und frischer Brust“ gesungen hat, weiß, wie sehr dies befreien und Glückshormone ausschütten kann. Wir tauchen quasi in eine andere Welt ein, in der man entschleunigt und alle negativen Emotionen aus sich „heraussingt“. Das tut einfach gut. Es ist wie Balsam für unsere Seele, stärkt unsere Lebenskraft, öffnet unser Herz, macht uns zuversichtlich und lebensfroh.

Darum ist es auch so schade, wenn nur wenige Menschen im Gottesdienst mitsingen. Corona steckt da leider noch in unseren Knochen. Vor allem Kinder und Jugendliche müssen neu ans Singen herangeführt werden. Manch einer traut sich nicht, vielleicht in der Annahme, die eigene Stimme klinge nicht schön, vielleicht aus Angst, falsch zu singen, vielleicht weil die innere Verbindung zum Glauben locker geworden ist – oder aus welchen Gründen auch immer. Das ist schade, weil darunter die innere Ausrichtung auf die Gemeinschaft im Gottesdienst, auf Gott und sein Wort, leidet, weil damit so viel an spiritueller Erfahrung wegbricht.

Nicht ohne Grund fordert uns die Bibel immer wieder zum Singen auf. Das Singen drückt für mich die Weise aus, wie ich vor Gott und mit Gott lebe. Mein Glaube ist ja mehr als nur Denken oder Sprechen. Mein Glaube will zum Klang werden, einen Raum erfüllen und Herzen erreichen: „Mehr als Worte sagt ein Lied.“ Und wer singt, betet doppelt. Nirgendwo ist das so spürbar wie beim Eröffnungsdialog der Präfation, wenn der Priester zum Lobpreis einlädt und dazu auffordert, die Herzen dorthin zu erheben, wo Christus ist. Und im Sanctus verbinden sich Himmel und Erde, wenn die Gemeinde in den Gesang der Engel einstimmt, die einander unablässig die Heiligkeit Gottes zurufen. Durch den Gesang stärkt der Geist Gottes unseren Glauben und ruft uns zur Nachfolge.

Was für den eigenen Glauben gilt, tut auch unseren Gottesdiensten not: Nur wo wir wirklich mit dem Wirken des Heiligen Geistes rechnen, können wir einander ermutigen mit Psalmen, Lobgesängen und Liedern. Herzliche Einladung: Singen wir dem Herrn neue Lieder, dann wird er auch Wunder tun.

P. Martin Stark SJ


Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 14. Januar 2024 / Nr. 3.

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