News - Christin werden? Was bedeutet Christusnachfolge?


Christin werden?

Was bedeutet Christusnachfolge?

Ich bin Christin – hineingetauft – gefirmt – ausgesandt als Pastoralreferentin, um die Botschaft weiterzutragen, und inzwischen im Ehrenamt. Ich habe dazu Ja gesagt. „Bist auch du einer von denen, die ihm anhängen?“, hat die Magd Petrus gefragt, als Jesus im Verhör war und er Angst hatte, aber in der Nähe blieb. Ja sagen war riskant. Ich wünsche, ich hätte Ja gesagt. Ich weiß es nicht. Ich bin Christin, aber nicht so, wie wenn Christsein etwas wäre, das man hat oder könnte wie Fahrradfahren oder Lesen und Schreiben, wie Fähigkeiten, die bleiben, wenn ich sie einmal erworben habe. Jesus nachzugehen, von seinem Tun auf der Spur der Evangelien zu lernen und sich anstecken zu lassen, ist ein Weg: „Jesus unser Bruder“ war ein Schlüsselwort in den vom Zweiten Vatikanum geprägten Jugendbewegungen (etwa in der Landjugend), ihn als nahen Begleiter zu entdecken, eine Grundspur, Christin oder Christ zu werden, zu üben, in ein eigenständiges Christsein hineinzuwachsen und zu entdecken, dass wir direkt gemeint sind, dass Er jedem von uns nahe ist, nicht nur dem Klerus als Vermittler. Dass es in den Exerzitien des Ignatius Grundton ist, zur Nachfolge gerufen zu sein, unabhängig von der Lebensform, entdeckte ich später als sehr befreiend.

Im Evangelium fordert Jesus zur Nachfolge auf – und über 2.000 Jahre versuchen Menschen, diese Herausforderung in sehr unterschiedlichen Biografien anzunehmen. In all den Wirrungen der Kirchengeschichte, in all den Schuldverstrickungen, mit und trotz abgrenzenden Inbesitznahmen durch Mächtige, wird Jesu Evangelium mit aller Provokation immer noch verkündet. Gemeinschaft im Namen Christi zu sein, „Christi Leib“ zu werden, muss die Kirche durch die Zeit immer neu buchstabieren.

Ein großes Thema ist auch, wie die Gesamtkirche christlich ist oder neu wird. Oft werde ich gefragt, wie ich es als Frau in dieser Kirche aushalte, als „Laienseelsorgerin“, und ich frage mich das auch immer wieder. Wichtiger Aspekt dafür, dass ich bleibe, sind die Hoffnung und der Glaube daran, dass Kirche immer noch und immer neu sich bewegen lässt vom Geist – wenn auch mühsam – oder bewegt wird gegen vieles Eingeschliffene. Und ich glaube, dass Jesus auch an dieser Kirche leidet und daran, was wir aus seinem Auftrag gemacht haben, seine gute Nachricht in alle Welt zu verbreiten. Dass Mann und Frau, Jude und Nichtjüdin, Menschen aller Hautfarben ... gleich sind, wie Paulus es auch verkündet, ist ja noch Vision.

Zurück zu meinem Christinsein und -werden: Christin zu sein, hat für mich Gemeinsamkeiten mit dem Verheiratetsein. Es geht dabei um den Aspekt der Lebendigkeit: Ich habe nicht nur einmal Ja gesagt und dann ist die Beziehung lebendig; nein, wenn ich sie nicht lebe, nicht Bewegungen erfahre von Nähe und Distanz, wir uns nicht auseinandersetzen und wieder zusammenkommen, ist eine Beziehung tot. Christin werden heißt, die Beziehung immer neu zu in den Blick zu nehmen. Die Gegenwart, in der wir sie leben, erfordert immer neues Hören und kreative Antworten.

Die Exerzitien des Ignatius, die Gebets- und Betrachtungsformen, die aus diesem Geist weiterentwickelt worden sind, sind aus meiner Erfahrung ein gutes Werkzeug, immer neu Christin zu werden. Hier buchstabiere ich immer wieder, ob ich mich noch an Ihm orientiere, stelle mich meiner Nähe und meiner Distanz von Ihm und dem, was von mir, so wie ich bin, im Jetzt gefragt ist. Als Exerzititenbegleiterin erlebe ich, wie lebendig sein Geist in anderen wirkt. Die Exerzitien im Alltag haben ja diesen Weg für viele Menschen erst erschlossen. Nie vergesse ich, wie eine Frau in so einem Prozess mit Erstaunen entdeckt hat, dass der Satz „Weide meine Lämmer“ auch für sie in ihrem Alltag als Familienfrau und Ehrenamtliche gilt. Dass jeder Mensch Gott direkt als Gegenüber hat, ist zunächst unfassbar.

Im Zeugnis Christin zu sein, und nicht Jesuanerin, steckt ja die Herausforderung, an Christus, den Auferstandenen zu glauben. Wenn wir das jetzt an Ostern wieder gefeiert haben, sollten wir neu atemlos werden über die Aussage. Christus, der auferstandene Jesus?! Ich fühle mich verbunden mit Thomas, der ihn begreifen wollte im wahrsten Sinn des Wortes, und der in der Begegnung gelernt hat, ihn neu zu erkennen. Und ich traue dem Bericht der Frauen, die als Erste ihn verkündeten, die gegangen waren, um um ihn zu trauern, und die stattdessen ihm neu begegneten. Ich traue den Zeugnissen dieser Apostolinnen und Apostel, die lernen mussten, selbstständig zu handeln, im Vertrauen auf seinen Geist in ihrem Tun. An diesem Punkt sind sie uns ähnlich.

Wie geht es, diese Beziehung zu pflegen, Seinen Geist in uns immer neu wirken zu lassen? Exerzitien sind nur ein Werkzeug unter anderen. Wie viele leben sie in anderen Gebetsformen, im Handeln, im Antworten auf Situationen, in denen wir gebraucht werden, in Zuwendung zu Menschen in dieser unheilen Zeit oder im Gestalten vom Lebensmöglichkeiten. ER ist Vorbild darin, auf die Situationen einzugehen, seine Beziehung zu Gott zu pflegen, auf die Not, auf den konkret Nächsten zu reagieren … mutig Nein zu sagen, wo es gebraucht wird, mitzuleiden, der Herausforderung nicht auszuweichen …

Zwei Bilder, die für mich zusammenfassen, dass es um ein ständiges Werden geht: Leib Christi sind wir – nicht Leichnam, sondern etwas Lebendiges. Und Brief Christi sind wir, sagt Paulus, immer neu geschrieben, in der aktuellen Situation, kein Roman, keine gelehrte Abhandlung, sondern Zeugnis im Moment, so gut es geht.

Monika Hirschauer
Kirchliche Assistentin der GCL-Diözesangemeinschaft München

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Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 24. April 2022 / Nr. 17.


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