News - Gedanken zum Evangelium des Sonntags

Ein anderer Christus sein


Ob wir damit rechnen, versucht zu werden? Es geht jetzt nicht um Schokolade. Es geht um die mir von Gott gegebene Aufgabe, Christ zu sein, - und dass mich etwas darin korrumpiert. Vielleicht ist die Frage etwas zu steil.

Ich fange bei Jesus von Nazareth an. Er wird versucht, gleich zu Beginn seines öffentlichen Wirkens. Wenn es ihm hier um seine Anerkennung gegangen wäre, nur ein wenig, hätte er sich selbst statt des Vaters ins Spiel gebracht, und er wäre nicht der Christus geworden, sondern der nette Kerl aus Nazareth, der wegen ein paar Kunststücken in Erinnerung geblieben wäre - freilich für kurze Zeit. Er wollte aber das Wirken Gottes herausstellen, nicht das eigene. Persönliche Macht und Anerkennung der Menschen haben ihn nicht interessiert. Er wollte zeigen, wie Gott und Mensch zusammenwirken können, ohne den Teufel mitspielen zu lassen. Er kannte die Versuchung, und wir sollten sie kennen. Man kann in sehr verantwortlicher Stellung arbeiten, von Werten geprägt, auf Verantwortung aus, aber dann kommt in die tatsächlich vorhandene Machtstellung etwas Böses hinein, eine Versuchung, aus der Situation für sich selbst etwas herauszuschlagen, eine faule Sache zu verheimlichen, die Falschen zu schützen. Ich schreibe das ohne Überheblichkeit. Diese Versuchung ist überall. So fallen Große über kleine Dinge - oder Menschen.

Zurück zur Frage vom Anfang. Unsere Aufgabe seit der Taufe ist es, Christ zu sein, ein anderer Christus, kann man auch sagen. Es geht ja nicht darum, dass man uns zu irgendeiner Religion zählen kann, sondern dass wir Christus nach-folgen. Auf diesem Weg, dem Versuch und Irrtum zugestanden sind, gibt es so etwas wie die Versuchung, das Christsein nicht mehr zu entwickeln, sondern zu benutzen und es zu verändern, indem ich irgendeine Form von Eigennutz mitspielen lasse. Ich werde abhängig von Bewunderung, ich suche nach Macht um ihrer selbst willen. Man merkt es oft erst, wenn die Dinge entzogen werden. Ich ernte keine Bewunderung mehr und engagiere mich nicht weiter, ich soll einen Posten abgeben und klebe an ihm. Ich spreche noch von Gott und Liebe, aber es geht schon lange zuerst um mich. Mir ist Gott abhan-den gekommen und ich bin in einer Art von Mittelmäßigkeit unterwegs, die ihm nicht mehr die Ehre geben kann.

Der innere Impuls aber sagt: ,,Ich will wieder Christ sein. Ich will „Gott zuerst" sagen, ,,Nichts als die Wahrheit, ,,Gerechtigkeit! Koste es auch, was es wolle". Ich will nicht in Selbstgerechtigkeit leben. Was ich tue, will ich mit Gott tun. Ich will ihn nicht benutzen. Ich will die sehen, die er zuerst sieht. Ich hoffe nur, dass er mich brauchen kann." So etwa! Nur noch ein Satz: Ich habe den Kardinal so verstanden.

Thomas Hürten
Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael

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1. Fastensonntag (C)

1. Lesung: Dtn 26,4-10 ("Der Herr hörte unser Schreien.")
Antwortpsalm Ps 91 (90), 1–2.10–11.12–13.14–15
2. Lesung:Röm 10, 8–13  ("Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet.")
Evangelium: Lk 4, 1-13 ("Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.")


Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 6. März 2022 / Nr. 10.

Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
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Foto: MKZ