News - Gedanken zu den Schrifttexten des Sonntags - Taufe Jesu

In Gottes Leben eintauchen


Von Thomas Hürten, Pastoralreferent und Fachreferent in der Glaubensorientierung in St. Michael


Warum steigt Jesus ins Wasser? Das ist ein tiefes Zeichen. Wenn der Fluss die Zeit symbolisiert, so steigt er ein in den Strom der Zeit, und er segnet diesen Strom durch sein Eintauchen. Er ist der eigentliche Segen der Zeit, der Geschichte. Wir leben Anno Domini, im Jahre des Herrn, 2023. Der Segen der Sternsinger 20*C+M+B+23 drückt es ähnlich aus.

Wenn wir aber das Geschehen weniger metaphorisch nehmen, drängt sich angesichts der Taufe Jesu die Frage auf: Musste er umkehren? Umkehr ist nur ein Teil der Taufe, wie die Absage an das Böse nur ein Teil von Taufe und Firmung ist. Darin ist uns Jesus unähnlich. Taufe ist vor allem Hinkehr zu Gott. Darin ist er uns ähnlich. Er lebte in einer Verbindung mit Gott, die er von seiner Seite her auch hätte verlieren können. Taufe bedeutet, mit dem eigenen Leben in Gottes Leben einzutauchen. Taufe ist das Eingeständnis, dass Gott uns fehlt und wir ihn brauchen, um gut und glücklich und recht zu leben.

Dieser zweite Grund ist es wohl, der Jesus ins Wasser steigen lässt und in diesem Sinne „die Gerechtigkeit ganz zu erfüllen“. Gerechtigkeit meint hier das Rechtsein vor Gott, meint, von Gott Würde und Maß zu nehmen. Sie meint auch: sein Recht bringen (Jes 42,3) und tun (Apg 10,35).

Sinnvolle Säuglingstaufe

Diese Verbindung mit Gott ist der zweite Grund, der die Taufe von Säuglingen sinnvoll macht. Sie werden in jenen Bund mit Gott gesetzt, der sich uns von Gott her in Jesus angeboten hat. Jesus, Hand in Hand mit dem Vater, ist Gottes ausgestreckte Hand. Das älter werdende Kind geht an seiner Hand in sein Leben hinein. In einfachen Gebeten und Liedern zunächst, in der Erziehung zur Unterscheidung von Gut und Böse, im Miterleben der religiösen Feste und Bräuche wächst in ihm, wenn es gut geht, die Beziehung zu Gott. Sie besteht nicht nur in Dingen, die wir von Gott brauchen: Trost, Geborgenheit, Heilung, Verständnis, Vergebung. Getauft sein bedeutet so etwas wie in die Schule dieses Meisters zu gehen. Es bedeutet auch, zunehmend mit ihm im Bund zu wirken, noch einmal bestärkt durch die Gaben des Geistes in der Firmung, um „blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und die im Dunkel sitzen, aus der Haft“. (Jes 42,7)

Die Taufe des Johannes erinnert uns daran, dass wir als Christinnen und Christen im Strom der Zeit unterwegs sind und Verantwortung füreinander übernehmen, Perspektiven geben, Freiheit schenken, Hoffnung auch. Sie erinnert uns, dass im Strom der eigenen Geschichte der eingetaucht ist, der ihr eigentlicher Segen ist, ihre Kraft, ihr Frieden und ihr Geist. Wenn das eigene Leben das Zeitliche segnet, wäre es schön, man könnte sagen: Irgendwie war Gott mit ihr. Irgendwie war Gott mit ihm.

8. Januar 2023 - Fest der Taufe des Herrn (A)

1. Lesung: Jes 42,5a.1–4.6–7 ("Siehe, das ist mein Knecht, an ihm finde ich Gefallen.")
Antwortpsalm Ps 29,1–2.3ac–4.3b u. 9b–10 ("Der Herr thronte über der Flut,")
2. Lesung: Apg 10,34–38 ("Gott hat Jesus gesalbt mit dem Heiligen Geist.")
Evangelium: Mt 3,13–17 ("Als Jesus getauft war, sah er den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.")


Artikel mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Münchner Kirchenzeitung vom 8. Januar 2023 / Nr. 2.


Thomas Hürten
Pastoralreferent, Fachreferent
Fon +49 / 89 / 21 37 - 2402
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